I Status Quo

Bereits vor Corona wurde durch Studien belegt, dass der Standort Deutschland als Tagungs- und Kongressdestination zu den Spitzenreitern in Europa und der Welt zählt.  Mit 2,89 Millionen Veranstaltungen und einer Teilnehmerzahl von 423 Millionen Teilnehmern belegte Deutschland in 2019 in Europa den 1. Platz sowie weltweit Platz 2. 10,2 % aller weltweiten MICE-Reisen gingen den Studien zufolge nach Deutschland*.

Schätzungen zufolge liegt der Anteil von Veranstaltungen bis 30 Personen bei etwa 70%, abhängig von Destination und Hotel.

In Bezug auf alle eingehenden Anfragen liegt die durchschnittliche Absagequote aufgrund entweder mangelnder Verfügbarkeiten bzw. generell nicht ausreichender Kapazitäten oder zum anderen aus operativen oder strategischen Gründen bei ebenfalls ca. 70%.

Und obwohl der Gesamtanteil des MICE-Geschäftes einen erheblichen Anteil am Gesamtgeschäft in der Hotellerie ausmacht, wird dieser Umsatzzweig oft noch “stiefmütterlich” behandelt, steht meist hinten an und viele Prozesse finden nach wie vor manuell statt.

Nicht zuletzt seit Beginn der Pandemie befindet sich der traditionelle Veranstaltungsmarkt im Wandel und die Tagungshotellerie sieht sich insbesondere mit folgenden neuen Trends und Herausforderungen konfrontiert.
(Quellen: DZT/IPK 2019, ICCA 2020, EITW 2020, Anholt Ipsos Nation Brands Index)

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II. Aktuelle Trends & Herausforderungen

Trend 1: Die Anzahl kleiner Meetings steigt

Mit Wiederaufnahme des Veranstaltungsbetriebes in Deutschland nach den Covid-Beschränkungen steigt die Anzahl der Veranstaltungen im Segment „bis 30 Personen“ signifikant.
Die Gründe hierfür sind unterschiedlich:

Große Veranstaltungen werden aufgebrochen und finden ggf. in mehreren Standorten in kleineren Gruppen statt, statt wie bisher zentral an einem Ort in einer großen Gruppe.

Durch vermehrtes Arbeiten aus dem Homeoffice reduzieren Unternehmen ihre eigenen Büro- bzw. Meetingflächen und buchen stattdessen für diese Meetings externe Räume.

Kleinere Teammeetings gewinnen zudem an Bedeutung, da sich Kollegen seltener zum Austausch im Büro begegnen.

Aus der Revenue-Management-Perspektive des Hotels ODER: aus der Umsatzperspektive ist dabei zu beachten, dass kleinere Gruppen geringere Umsätze erzielen. In Relation zu größeren Events sind sie nicht so rentabel, da der Aufwand in Bezug auf Angebotserstellung, Verhandlungsprozess sowie Vorbereitung vor Ort aktuell in vielen Betrieben noch fast genauso hoch ist.

Trend 2: Leadtimes werden kürzer

Wir beobachten schon seit Jahren, dass die Vorausbuchungsfrist (Leadtime) bei Meetings & Events kürzer wird. Getrieben von den Auswirkungen bzw. aus den Erfahrungen während der Pandemie hat sich diese Kurzfristigkeit noch gesteigert. Unternehmen entscheiden spontan und in Abhängigkeit von aktuellen Bestimmungen, internen Entwicklungen sowie wirtschaftlichen Prognosen, ob und in welcher Form oder Größenordnung sie eine Veranstaltung planen. Daher wird von dem anbietenden Veranstaltungsort ein hohes Maß an Flexibilität erwartet vor allem in Bezug auf die Schnelligkeit in der Angebotserstellung und die Stornierungskonditionen.

Diese kürzeren Vorlaufzeiten verlangen gleichzeitig schnellere Antwortzeiten über Verfügbarkeiten der Meetingräume von der Veranstaltungsabteilung sowie eine spontane und flexible (Personal-)Planung im operativen Bereich, wenn kurzfristig noch Events im Haus stattfinden.

Trend 3: Der Anfrageflut gerecht werden

Dies bedeutet, dass Wege und Möglichkeiten gesucht und gefunden werden müssen, um die in den Hotels verbliebenen Mitarbeitenden zu entlasten, damit sie der steigenden Flut an Veranstaltungsanfragen gerecht werden können.
(*Quelle: IHA Branchenreport “Hotelmarkt Deutschland 2022”)

Trend 4: Steigende Kosten 

Im 4. Quartal 2022 lag die durchschnittliche Inflation in Deutschland bei 8,6%*.
Durch die fortlaufende hohe Inflationsrate sowie gleichzeitige Energiepreiserhöhung steigt der Kostendruck auf Hotels weiter und damit auch die Notwendigkeit noch effizienter und kostensparender zu arbeiten und sich im Hinblick auf die Preisstrategie gut aufzustellen.

*Quelle: Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/01/PD23_003_611.html

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III. Bedeutung von Automatisierung

Zusammenfassend hat sich die Lage im Hotel und in den Veranstaltungslocations mit Einhergehen der Pandemie folgendermaßen verändert:

• Veranstaltungsanfragen gehen kurzfristiger ein
• Die Anzahl an Mitarbeitenden ist z.T. kleiner als noch vor einigen Jahren
• Insbesondere kleinere Events mit geringeren Umsätzen bzw. Gewinnmargen müssen noch schneller beantwortet werden
• Die sich ändernden Erwartung des Planers muss dabei erfüllt werden 

Und genau deshalb macht diese grundlegende Veränderung des Veranstaltungsmarktes Digitalisierung bzw. Automatisierung noch notwendiger als bislang!

Der Weg zur Automatisierung ist oftmals ein Change-Prozess im Unternehmen: bestehende Prozesse müssen überprüft und neue Herausforderungen gemeistert werden.

Gleichzeitig birgt die Automatisierung jedoch ganz neue Chancen für Teams und Mitarbeitende:

• Geringerer Aufwand für manuelle und repetitive Tätigkeiten
• mehr Zeit für Tätigkeiten, die notwendiger, dringender und sinnvoller sind, wie z.B. die Beratung der Planer und Teilnehmer sowie strategische Aufgaben, um z.B. die sogenannten “Big Shots”, die (noch) nicht automatisiert bearbeitet werden können, noch qualitativer zu quotieren und zu platzieren.

Standards für Themen, die im (Revenue-)Bereich der Logis vielerorts und schon seit Jahren fest verankert sind, müssen im MICE-Bereich erst erarbeitet werden bzw. sich etablieren.

An dieser Stelle eine kleine Auffrischung zur Bedeutung von Automatisierung.

Definition:
Automatisierung ist die Abbildung von Arbeitsschritten und Prozessen, so dass der Mitarbeitende nicht mehr unmittelbar eingreifen muss, sondern alle oder ein Teil dieser Arbeitsschritte selbsttätig (= automatisiert) erfolgen.

Die Automatisierung von Arbeitsschritten und Prozessen kann dabei immer in verschiedenen Stufen und Ausprägungen erfolgen - z.B. teilautomatisiert und/oder vollautomatisiert.

Auch im Veranstaltungsverkauf ist eine (Teil-)Automatisierung in einigen Bereichen schon heute technisch möglich und wird auch bereits angewendet.

Ein paar Beispiele:

• Gäste- und Kundenkommunikation (z.B. Chatbots, Raumplanungssoftware)
• MICE Revenue Management inkl. Yielding der Raten und Forecasting
• Angebotsprozesse inklusive Verfügbarkeitsinfo und Preisfindung
• Payment Prozesse
• Cross- und Upselling
• Teilnehmermanagement

Somit findet Automatisierung heute also schon im Kontext MICE statt. Dennoch gibt es nach wie vor eine Vielzahl von manuellen Prozessen, welche in den Logis-Abteilungen schon weiterentwickelt und automatisiert sind.

Der Logis-Bereich ist deshalb an vielen Stellen schon viel effizienter aufgestellt und profitiert deutlicher von den Mehrwerten der Automatisierung. Hoteliers können sich diese Erfahrungen zunutze machen und viele Prozess und Möglichkeiten für den MICE-Bereich ableiten.

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IV. Ziele und Mehrwerte von Automatisierung

Ganz allgemein besteht der wohl größte Vorteil von Automatisierung darin, manuelle und sich wiederholende Tätigkeiten zu verringern bzw. Abzuschaffen, um sich durch die ersparte Zeit auf kreative und wichtige strategische Tätigkeiten konzentrieren zu können.

Nicht zu vernachlässigen ist im Hinblick auf die Automatisierung auch das Ziel, die Kundenerwartung zu erfüllen, wenn es um die noch schnellere Bereitstellung von Informationen geht, v.a. im Hinblick auf Verfügbarkeiten und Preise. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es mehr und mehr Standard ist, dass jegliche Information und viele Leistungen und Produkte auf Knopfdruck zur Verfügung stehen und gekauft werden können.

Für den MICE-Bereich ergeben sich dadurch u.a. folgende konkrete Ziele und Mehrwerte:

• Der Flut von Anfragen aus Hotelperspektive “Herr werden”
• Zeitersparnis (z.B. im Vergleich manuelle vs. automatisierter Angebotserstellung)
• mehr Zeit für andere Aufgaben wie z.B. strategische Tätigkeiten, MICE Revenue Management, Beratung und Betreuung von Kunden, Kreativität und Innovation
• Trennung & Priorisierung von umsatzschwächerem Standardgeschäft zu umsatzstärkeren/gewinnbringenderen Events
• weg vom “Bauchgefühl” - hin zu belegbaren strategischen Entscheidungen (z.B. bei Preisentscheidungen und Absagen)
• Die Erwartungen des Kunden erfüllen bzw. diesen gerecht werden: Kunden vergleichen andere Prozesse mit dem der Veranstaltungsbuchung und erwarten schnelle Rückmeldungen (“Sofortness-Wunsch”)
• kürzere Antwortzeiten führen zu einer gesteigerten Conversion
• Durch kürzere Antwortzeiten und den direkt anschließenden Buchungsprozess können sowohl Planer als auch Veranstaltungsorte schneller mit der weiteren Planung für diese Veranstaltung starten.
• zufriedenere Mitarbeiter*innen durch weniger manuelle Prozesse und einen interessanteren Job mit neuen Tätigkeitsfeldern
• Unterstützung bei Vorgängen, die operativ nicht gehandelt werden können, weil beispielsweise Aufgaben zu kurzfristig anfallen oder bei Personalengpässen
• Automatisierung reduziert Fehleranfälligkeit im Vergleich zum manuellen Prozess (manuelle Datenerfassung vs. automatische Datenübertragung)
• Automatisierung ermöglicht Erfassung von Daten, die vorher wegen eines zu hohen Zeitaufwandes nicht erfasst wurden. Diese können dann zusätzlich in die strategischen Entscheidungen einfließen und diese noch belegbarer machen (s.o.)

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V. Zuletzt...

Die Schlagworte “Automatisierung” und „Digitalisierung“ sind in aller Munde. Es gibt viele Vorteile, aber auch einige Bedenken und Vorbehalte.

Wir vom HSMA Expert Circle habe uns daher das Ziel gesetzt, uns dem Thema in den nächsten Wochen und Monaten zu widmen und unsere (Er-)Kenntnisse mit der #HSMAfamily zu teilen.

Unter dem Titel “MICE Today” werden wir daher in den kommenden Artikeln weitere Bereiche der Automatisierung und Digitalisierung behandeln.

Also...stay tuned 😉

Eurer HSMA MICE Expert Circle