Der beste Preis


Die Hotellerie steht in einer komplexen Multichannel-Landschaft, in der Online Travel Agencies (OTAs) wie Booking.com, HRS und Expedia dominieren. In diesem Kontext hat die Frage nach der Preisstruktur an Bedeutung gewonnen. Den günstigsten Preis bei den OTAs zu haben, sollte nicht das Ziel sein, da sind wir uns in den Expertenkreisen Revenue, Distribution und Online Marketing & E-Commerce einig. Aber reicht eine Ratenparität oder benötigt man tatsächlich den günstigsten Preis auf den eigenen Buchungskanälen? Im Kern geht es um mehr als nur Preisgestaltung – es geht um Kontrolle, Kundendaten, Markenkommunikation und langfristige Gästebindung.

Was ist Ratenparität?
Ratenparität bedeutet, dass ein Hotel denselben Preis für dieselbe Zimmerkategorie und dieselben Bedingungen über alle Buchungskanäle hinweg anbietet. Da die rechtliche Verpflichtung zur Bestpreisklausel in vielen Ländern weggefallen ist, haben Hotels heute mehr Spielraum.
Denn: Im Gegensatz zur ehemaligen Bestpreisklausel, bei der Hotels verpflichtet waren, ihre besten Preise auf OTAs zu garantieren, haben Hotels heute mehr Freiheiten in der Preisgestaltung. Diese Freiheit sollte strategisch genutzt werden, um Direktbuchungen zu fördern. Der Bestpreis stärkt die Direktbuchungen und die Effektivität von Marketingkampagnen.

Warum sind Direktbuchungen lohnenswert?
Direktbuchungen bieten Hotels zahlreiche Vorteile, die über finanzielle Aspekte hinausgehen. Einige der wichtigsten Argumente:

1. Volle Kontrolle über Kundendaten:
Nur bei Direktbuchungen erhält ein Hotel umfassende Daten der Gäste – von Kontaktdaten bis hin zu Buchungsgewohnheiten. Diese Informationen sind essenziell für zielgerichtetes Marketing und personalisierte Angebote.

2. Geringere Kosten:
Die Kommissionen für OTAs, oft 15 bis 25%, fallen bei Direktbuchungen weg. Zusätzlich entfallen Kosten für OTA-Bonusprogramme wie „Genius“, die Margen weiter belasten.

3. Markenkommunikation:
Eine direkte Ansprache über die eigene Website erlaubt es, die Marke authentisch zu präsentieren und Zielgruppen passgenau anzusprechen. Cross- und Upselling-Möglichkeiten sind bei Direktbuchungen ebenfalls deutlich effektiver.

4. Loyalität:
Direktbucher lassen sich leichter in ein eigenes Loyalitätsprogramm einbinden. Dies steigert die Wiederbuchungsrate und senkt langfristig die Abhängigkeit von OTAs.

5. Gästekommunikation:
Direktbuchungen erleichtern die Kommunikation – sei es zur Umsetzung eines konsistenten Online-Auftritts, zur Einführung neuer Zahlungsmethoden oder bei Krisen wie der Corona-Pandemie.

6. Unabhängigkeit von OTAs:
Hotels, die ihren Direktbuchungsanteil steigern, verringern ihre Abhängigkeit von OTAs. Diese Unabhängigkeit bietet mehr Flexibilität in der Preis- und Vertriebsstrategie.

7. Höhere Buchungsqualität:
Direktbuchungen haben in der Regel niedrigere Stornoraten als Buchungen über OTAs.

Der Einfluss von Bestpreisstrategien auf Marketing und Vertrieb

Ratenparität versus Bestpreis
Auch wenn Ratenparität in der Theorie sinnvoll erscheint, hat sich gezeigt, dass die Bestpreisstrategie für Direktbuchungen effektiver ist. OTAs profitieren von einfacher Benutzerfreundlichkeit, Vertrauensvorschuss und oft gespeicherten Zahlungsdaten. Daher ist es umso wichtiger, Gäste durch den besten Preis und zusätzliche Vorteile auf die eigene Website zu lenken.

Online-Marketing-Kampagnen
Marketingstrategien wie Metasearch- oder SEA-Kampagnen basieren auf Preisvergleichen. Ein schlechterer Preis auf der eigenen Website untergräbt solche Kampagnen, da Gäste trotz der Anzeige über OTAs buchen. Zudem erhöht ein besserer OTA-Preis den Anreiz für OTAs, eigene SEA-Kampagnen zu schalten, was die Wettbewerbsfähigkeit des Hotels weiter schwächt.

Strategien zur Sicherstellung des Bestpreises

1. Revenue- und Distributionsmanagement

  • Kontinuierliche Überprüfung der Preisparität auf allen Kanälen.
  • Dynamische Preisgestaltung, um auf kurzfristige Marktschwankungen zu reagieren.
  • Entwicklung eines klaren Handlungsspielraums für Preisanpassungen ohne Rücksprache.
  • Deals auf OTAs sollten dem Marketingteam rechtzeitig gemeldet werden, um entsprechende Anpassungen vorzunehmen.
  • Aktionen auf OTAs müssen auf der eigenen Website gespiegelt werden, um Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.
  • Gemeinsame KPIs und Ziele schaffen Transparenz und verhindern Zielkonflikte.

2. Kommunikation von Direktbuchervorteilen

  • Exklusive Zusatzleistungen wie kostenloses Parken, frühzeitiger check in / später check out, bestes Zimmer in der gebuchten Kategorie, Willkommensgetränk, ÖPNV Ticket etc.
  • Flexiblere/Verbesserte Stornierungsrichtlinien im Vergleich zu OTAs.
  • Vielfältige Zahlungsmöglichkeiten und direkte Preisgarantien.

3. Zusammenarbeit zwischen Revenue Management und Marketing

  • Abstimmung über Kampagnen, Deals und Strategien zur Zielgruppenansprache.
  • Transparenz über Kostenstrukturen und KPIs, um gemeinsame Ziele zu erreichen.

4. Optimierung der Website und Buchungsmaschine (IBE)

  • Verbesserung der User Experience (UX), um den Buchungsprozess so einfach wie möglich zu gestalten.
  • Integration von Preis-Matching-Funktionen, bei denen Gäste einen zu hohen Preis melden und anpassen können.

Was, wenn der Bestpreis auf der hoteleigenen Webseite nicht verfügbar ist?

Sollte der Preis auf der eigenen Website ausnahmsweise höher sein, können Hotels folgende Maßnahmen ergreifen:

1. Direktbuchervorteile klar kommunizieren:
Neben dem Preis können zusätzliche Leistungen den Buchungsanreiz erhöhen.

2. Bestpreis-Matching anbieten:
Gäste können höhere Preise melden, die dann angepasst werden. Mit einem Bonus kann dieser Effekt erhöht werden. 10% Nachlass auf den Besten Preis senken nach wie vor die Distributionskosten, abhängig vom Kanal.

3. Stornierungsrichtlinien und Flexibilität hervorheben:
Oft entscheiden sich Gäste aufgrund von Vertrauen und Flexibilität für Direktbuchungen.

4. Schulung der Mitarbeiter
Klare Transparenz über die Kosten einer Indirekten Buchung kommunizieren.

Rechtlicher Hintergrund: EuGH stärkt deutsche Hotels

Mit einem wegweisenden Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache C-264/23 das marktbeherrschende Buchungsportal Booking.com in seine Schranken verwiesen. Die Richter entschieden, dass die Torpedoklage von Booking.com, mit der die letztinstanzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) umgangen werden sollte, unzulässig ist. Der BGH hatte zuvor die Bestpreisklauseln von Booking.com als kartellrechtswidrig eingestuft. Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA), kommentierte: „Wir hoffen, dass nach dieser wegweisenden Entscheidung des EuGH das zugrundeliegende Gerichtsverfahren vor dem Bezirksgericht Amsterdam nun schnell wieder Fahrt aufnimmt und die Schadensersatzansprüche der deutschen Hotels wegen jahrelanger Verwendung kartellrechtswidriger Bestpreisklauseln einer zeitnahen Entscheidung zugeführt werden können.“ Dieses Urteil stärkt die Position der Hotels in Europa und gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Preisstrategien unabhängig und selbstbewusst zu gestalten.

Fazit

Der beste Preis auf der eigenen Website ist einer der Schlüsselfaktoren für den Erfolg eines Hotels. Durch eine strategische Kombination aus Bestpreisstrategie, zielgerichtetem Marketing und attraktiven Direktbuchervorteilen können Hotels die Abhängigkeit von OTAs reduzieren, die Markenbindung stärken und langfristig die Profitabilität steigern. Zusammenarbeit und klare Absprachen zwischen den Abteilungen spielen dabei eine zentrale Rolle.

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Autorin: Nadja Dahlmann

Der beste Preis
  • 13.02.2025

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