Quo vadis, Corona-Gutschein?
Einige Hoteliers, Gastronomen und Veranstalter konnten – einmal zum Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 und dann zum Ende der Sommersaison – ihre Gäste und Vertragspartner trotz stornierter Buchungen mit Gutscheinen an sich binden und komplizierte Stornierungs- und Rückabwicklungsprozesse vermeiden.
Es scheint derzeit möglich, dass die Lage für die Hotellerie und Gastronomie noch andauern wird – auch wenn selbstverständlich alle auf eine Entspannung im Sommer 2021, einen spürbaren Erfolg von vermehrten Impfungen sowie insgesamt auf das Ausbleiben der oft prophezeiten „Dritten Welle“ hoffen.
Gemeinsam mit der HSMA haben wir uns deswegen mit der Frage befasst, was mit echten und vermeintlichen „Corona Gutscheinen“ passiert, wenn die Gäste sie nicht in naher Zukunft einlösen können oder wollen.
Aus Sicht der Hoteliers ist es zunächst wichtig zu wissen, welche Art von Vertragsart sie mit ihrem Gast abgeschlossen hatten: Handelte es sich um ein Pauschalreise-Arrangement (z.B. Übernachtung mit Silvestergala-Dinner und Wellnessbehandlungen)? Um eine Geschäftsreise, die ohne Geschäftskundenrahmenvertrages gebucht wurde – das wäre ebenso ein Reisevertrag. Oder um eine Nur-Zimmer-Buchung, gegebenenfalls inklusive bloßer „Hotel-Nebenleistungen“ wie Frühstück, Transfer usw. – also um einen Beherbergungsvertrag?
In allen Fällen mussten die Hoteliers den Gästen zwar die Wahl zu lassen, ob sie statt der Rückzahlung einen Gutschein in derselben Höhe für spätere Buchung akzeptierten, z. B. wenn aufgrund von Beherbergungsverboten Leistungen storniert werden konnten.
Für den Reiseveranstalterbereich hatte der deutsche Gesetzgeber aber durch ein am 31. Juli 2020 in Kraft getretenes Gesetz (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil I Nr. 35, 1643) dazu formelle Vorgaben mit auf den Weg gegeben, die ausschließlich vor dem 8. März 2020 gebuchte Reisen betrafen. Diese echten „Corona-Voucher“ unterfallen – wie auch die ursprünglich gebuchte Reise – der staatlichen Absicherung gegen eine mögliche Insolvenz des Reiseveranstalters, durften aber längstens bis zum 31. Dezember 2021 gültig sein. Sie waren mit bestimmten Hinweisen zu versehen und es durften für die Gutscheinausstellung keine Kosten anfallen. Bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes ausgegebene Voucher wurden an die gesetzlichen Vorgaben angepasst. Akzeptierte der Gast den Gutschein, löst ihn aber bis Ende 2021 nicht ein, ist ihm der Gutscheinbetrag unverzüglich zu erstatten.
Der deutsche Gesetzgeber hatte sich – anders als z. B. Frankreich – aber im Reisebereich dennoch gegen eine zwingende Gutscheinausgabe entschieden. Für vor dem 08.03.2020 gebuchte Freizeitveranstaltungen wie Musik-, Kultur-, Sportveranstaltungen und Freizeiteinrichtungen wie Museen, Schwimmbäder und Sportstudios entschied er anders: Fiel die Veranstaltung wegen Corona aus, durfte der Veranstalter dem Kunden obligatorisch einen Gutschein ausstellen. Aber auch diese Gutscheine müssen bis spätestens 31.12.2021 eingelöst werden, ansonsten ist dem Kunden Geldbetrag unverzüglich zu erstatten.
In den übrigen Fällen, z.B. bei Gutscheinen für Nur-Hotel-Buchungen, gilt weiterhin das allgemeine deutsche Zivilrecht, wenn es um die Fragen der Ausstellung und Einlösbarkeit geht. Insbesondere sind die Vorschriften des BGB zur Gestaltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zur Anspruchsverjährung zu beachten.
Darf das Hotel zum Zeitpunkt der geplanten Anreise Gäste nicht beherbergen, da es sich an ein Beherbergungsverbot halten musste, kann es dem Gast statt der Rückzahlung seiner Anzahlung zwar alternativ einen Voucher anbieten – annehmen muss der Kunde diesen allerdings nicht - er kann genauso gut auf die Rückzahlung bestehen (§§ 275, 326 BGB).
Nach den allgemeinen Vorschriften ausgestellte Gutscheine sind drei Jahre ab dem Ende des Ausstellungsjahres einlösbar, d.h. mindestens bis 31.12.2023 bei Ausstellung im Jahr 2020. Der Eintritt der Verjährung kann sich z.B. wegen höherer Gewalt (§ 206 BGB) noch weiter verzögern. Diese Regelverjährung kann vom Aussteller über Angaben auf dem Gutschein bzw. in begleitenden Geschäftsbedingungen durchaus verkürzt werden. Allerdings darf die zeitliche Befristung nicht zu weit gehen, weil sie sonst „AGB-rechtlich“ unwirksam ist. Welche Befristung noch angemessen ist, hängt auch davon ab, wofür der Kunde den Gutschein einlösen möchte. Gutscheine, die explizit auf bestimmte Leistungen bezogen sind (wie eine Kosmetik-, Massagebehandlung, Friseurleistung etc.), lassen sich gewöhnlich enger befristen als Gutscheine, die für alle Waren/ Leistungen des Ausstellenden einlösbar sind.
Ist der Einlösungszeitraum eines befristeten Gutscheins abgelaufen, ist der Gutscheinaussteller nicht mehr verpflichtet, den Gutschein als Bezahlung anzunehmen. Allerdings wird die Ansicht vertreten, dass der Kunde dann zumindest einen Teil des eingesetzten Geldbetrages zurückverlangen kann, wobei der Aussteller seinen entgangenen Gewinn einbehalten darf.
Sieht der ausgegebene Gutschein keine Befristung vor und unterliegt damit der Regelverjährung von drei Jahren, kann der Aussteller nach Verjährungseintritt dem Kunden die Einlösung verweigern. Es steht aber Hotel und Gästen frei, einvernehmlich den Zeitraum der Gutscheingültigkeit zu verlängern – oder aber einen bereits verjährten Gutschein noch als Bezahlung zu akzeptieren.
Anders verhält es sich noch bei Coupons und Rabattcodes, die keinen Geldwert verbriefen, z. B. „Gutscheine“, die vom Hotel zu Kundenbindungs- oder Marketingzwecken ausgegeben worden sind („Als Dank 15 % Rabatt auf Ihre nächste Buchung“) – diese können nahezu frei befristet werden und verfallen nach Verstreichen der Frist ersatzlos.
Die während der Corona-Pandemie ausgegebenen Gutscheine werden Hoteliers wohl auch noch in den nächsten Jahren beschäftigen. Echte „Corona-Reisegutscheine“ für vor dem 08.03.2020 gebuchte Pauschalreisen oder Veranstaltungstickets, die nicht bis zum 31.12.2021 eingelöst werden, müssen dem Gast unverzüglich erstattet werden. Für die übrigen Gutscheine kommt es darauf an, wie die Einlösebedingungen gestaltet wurden – in der Regel sind die Gutscheine mindestens jedoch bis zum 31.12.2023 einlösbar.
Quo vadis, Corona-Gutschein?
- 04.03.2021